Mythen im Energieeinkauf

Mythen im Energieeinkauf: Mehr Klarheit für Ihre Beschaffung – Teil 1

Manchmal klingt der Energieeinkauf einfacher, als er ist. Ein paar Angebote vergleichen, den richtigen Zeitpunkt erwischen, Vertrag abschließen und fertig.

In der Praxis sieht das jedoch anders aus. Alte Überzeugungen und vermeintliches Wissen beeinflussen Entscheidungen stärker, als vielen bewusst ist. Das führt häufig zu Fehlentscheidungen, die unnötig Geld kosten, und zu Chancen, die ungenutzt bleiben.

Mit unserer Serie „Mythen im Energieeinkauf“ möchten wir diese Denkmuster aufbrechen und zeigen, welche Überzeugungen im Alltag kostspielig werden können. Gleichzeitig geben wir Orientierung, welche strategischen Ansätze heute wirklich zählen und wie Unternehmen mehr Sicherheit und Handlungsspielraum gewinnen.

Im ersten Teil unserer Blogreihe finden Sie konkrete Empfehlungen, wie Sie Ihre Beschaffung professionell aufstellen und Risiken gezielt verringern können.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 1

Mythos 1: Gesetzgebung

Der deutsche Energiemarkt ist stark von politischen Eingriffen geprägt. Diskussionen rund um die Verlängerung der Energiepreisbremsen, die Abschaffung der Strom- und Gaspreisdeckel sowie neue Vorgaben im Rahmen des europäischen Green Deal sorgen für große Unsicherheit. Viele Unternehmen fragen sich, ob langfristige Einkaufsentscheidungen unter diesen Bedingungen überhaupt sinnvoll sind.

Fakt ist: Die Energiepreise haben sich nach den Extremen der Jahre 2022 und 2023 in den letzten Monaten stabilisiert, bewegen sich aber weiterhin auf einem höheren Niveau als vor der Energiekrise. Insbesondere die CO₂-Zertifikatspreise im EU-Emissionshandel (EU ETS), die 2025 zwischen 60 und 80 € pro Tonne schwanken, sowie die internationalen Gas- und Kohlepreise beeinflussen die Beschaffungskosten maßgeblich. Politische Maßnahmen wie die Einführung von Kapazitätsmechanismen oder die Förderung erneuerbarer Energien haben ebenfalls direkten Einfluss auf die Marktpreise.

Die Erfahrung zeigt: Wer in Phasen günstiger Terminmarktnotierungen frühzeitig Preisabsicherungen vorgenommen hat, konnte die eigene Wettbewerbsfähigkeit sichern. Wer hingegen abgewartet hat, ist in vielen Fällen auf kurzfristig hohe Spotmarktkosten angewiesen und trägt ein deutlich höheres Risiko.

Was ist zu tun, unser Tipp:

Entwickeln Sie eine klare, langfristige Beschaffungsstrategie, die flexibel auf Marktbewegungen reagieren kann. Vermeiden Sie einseitige Entscheidungen, sondern prüfen Sie regelmäßig verschiedene Handlungsoptionen. So lassen sich die Effekte von Preisvolatilität abfedern und Handlungsspielräume sichern. Vertrauen Sie nicht allein auf staatliche Eingriffe, planen Sie proaktiv für die Jahre 2026 und 2027 und nutzen Sie günstige Marktphasen, wenn sie sich bieten.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 2

Mythos 2: Beschaffungszeitraum

Auch im Jahr 2025 begegnet uns dieses Argument noch häufig. Die Vorstellung, dass zum Jahresende die günstigsten Einkaufsmöglichkeiten bestehen, hält sich hartnäckig, hat aber mit der Realität wenig zu tun. Energiepreise entwickeln sich unabhängig vom Kalender: Sie hängen maßgeblich von internationalen Brennstoffkosten, CO₂-Zertifikatspreisen, geopolitischen Faktoren und der Nachfrageentwicklung ab.

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie trügerisch solche Annahmen sein können. 2022 und 2023 waren von massiven Marktturbulenzen geprägt, die Preise bewegten sich innerhalb weniger Monate stark auf und ab. Auch 2024 brachte Phasen, in denen Terminpreise im Frühjahr deutlich günstiger waren als im Dezember. Wer starr auf ein vermeintliches „Jahresende-Tief“ vertraute, übersah diese Gelegenheiten und zahlte am Ende häufig mehr.

Der Glaube an feste Zeitpunkte, sei es Jahresende, erstes Quartal oder Sommermonate, lenkt vom Wesentlichen ab: Marktchancen entstehen durch fundamentale Entwicklungen, nicht durch Kalenderregeln.

Unser Tipp:

Orientieren Sie sich nicht an Mythen, sondern an einer fundierten Beschaffungsstrategie. Beobachten Sie die Märkte kontinuierlich und schaffen Sie sich die Flexibilität, auch unterjährig reagieren zu können. Auf diese Weise sichern Sie bessere Einkaufsmöglichkeiten und minimieren Risiken, anstatt auf den „richtigen“ Zeitpunkt zu hoffen.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 3

Mythos 3: Festpreis

Dieser Gedanke klingt zunächst nachvollziehbar und gibt vielen Verantwortlichen ein Gefühl von Sicherheit. Gerade im öffentlichen Sektor ist die Festpreisorientierung weit verbreitet, weil sie den Vergabevorschriften entspricht. Doch Vorsicht: Wer ausschließlich auf den Festpreis setzt, schränkt seine Möglichkeiten stark ein und zahlt am Ende nicht selten drauf. Denn ein starres Vorgehen blendet Marktentwicklungen aus und verhindert, dass günstige Phasen genutzt werden. Zudem ist bei jedem Festpreisangebot ein Risikozuschlag des Lieferanten einkalkuliert, dieser Sicherheitspuffer macht die Konditionen in der Regel teurer als flexible Alternativen.

Was ist zu tun, unser Tipp:

Fragen Sie nicht nur: „Welchen Preis kann ich heute festschreiben?“, sondern besser: „Welchen Höchstpreis darf ich mir leisten?“ Diese kleine Änderung des Blickwinkels eröffnet neue Spielräume. Denn so definieren Sie nicht nur ein starres Budget, sondern legen eine Sicherheitsgrenze fest. Innerhalb dieses Rahmens können Sie flexibel reagieren, wenn sich attraktive Marktmöglichkeiten bieten.

Mit einer durchdachten, langfristigen Beschaffungsstrategie, beispielsweise mit Vertragslaufzeiten von zwei bis drei Jahren, gewinnen Sie Planungssicherheit und gleichzeitig Handlungsspielraum. So steuern Sie Ihre Energiekosten aktiv, anstatt sich von einem einzigen Festpreis abhängig zu machen.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 4

Mythos 4: Einkaufsgemeinschaften

Auf den ersten Blick klingt es logisch: Wer mehr einkauft, bekommt bessere Konditionen. In vielen Branchen stimmt das, im Energiemarkt jedoch nur sehr bedingt. Zwar waren Einkaufsgemeinschaften um 2013/2014 ein beliebtes Modell, inzwischen zeigt sich jedoch deutlich: Das Volumen allein entscheidet nicht.

Viel wichtiger ist das Verbrauchsprofil. Jedes Unternehmen hat seinen eigenen Lastgang: Manche verbrauchen tagsüber besonders viel, andere gleichmäßig über 24 Stunden, wieder andere hauptsächlich nachts. In einer Einkaufsgemeinschaft werden diese Profile gemischt, der Lieferant bildet daraus einen Durchschnitt. Die Folge: Unternehmen mit einem günstigen Profil verlieren ihre Vorteile, während andere davon profitieren. Am Ende zahlt die eine Seite drauf, während die andere unverdient spart. Fair ist das nicht und günstig auch nicht zwingend.

Ein weiteres Risiko: In einer Gemeinschaft teilen Sie sich oft dieselben Konditionen wie Ihre direkten Wettbewerber. Das schwächt die eigene Marktposition und nimmt Ihnen den Spielraum für individuelle Vorteile. Hinzu kommen organisatorische Verpflichtungen und Teilnahmegebühren, die den vermeintlichen Preisvorteil schnell relativieren.

Und genau im Umkehrschluss gilt: Je größer Ihr eigener Verbrauch, desto weniger sinnvoll wird eine Einkaufsgemeinschaft. Denn ab einer gewissen Größenordnung haben Sie selbst genügend Marktmacht, um attraktive Konditionen direkt zu verhandeln. Statt Ihre Vorteile in der Masse zu verwässern, können Sie durch eine individuelle Beschaffungsstrategie Timing, Risiko und Flexibilität optimal auf Ihr Unternehmen zuschneiden.

Unser Tipp:

Hinterfragen Sie kritisch, ob eine Einkaufsgemeinschaft in Ihrem Fall wirklich Vorteile bringt. Vergleichen Sie immer auch Einzelangebote, kalkulieren Sie versteckte Kosten und prüfen Sie Ihre Flexibilität bei fallenden Marktpreisen. So sichern Sie sich echte Vorteile, statt in der Masse unterzugehen.

Fazit Mythen im Energieeinkauf

Die ersten vier Mythen zeigen sehr deutlich, wie stark Gewohnheiten und vermeintliches Wissen den Energieeinkauf prägen. Wer Entscheidungen auf dieser Grundlage trifft, vergibt wertvolle Chancen und setzt sich unnötigen Risiken aus. Eine fundierte Beschaffungsstrategie entsteht nicht durch starre Regeln, sondern durch Marktbeobachtung, Flexibilität und ein klares Verständnis für die eigenen Anforderungen. Unternehmen, die diesen Weg gehen, gewinnen Handlungsspielraum und sichern ihre Kosten dauerhaft besser ab.

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