Mythen im Energieeinkauf

Mythen Energieeinkauf: Mehr Klarheit für Ihre Beschaffung – Teil 2

Im Energieeinkauf entstehen viele Entscheidungen nicht aus einer fundierten Analyse, sondern aus Routinen, internen Vorgaben oder gut gemeinten Annahmen. In der täglichen Praxis erleben wir immer wieder, wie stark diese Muster die Beschaffung prägen und wie schnell sie zu unnötigen Kosten führen können. Prozesse werden überreguliert, Lieferantenbeziehungen überschätzt, Chancen am Markt zu spät genutzt oder aus Sorge vor Fehlentscheidungen ganz ignoriert.

Im zweiten Teil unserer Reihe Mythen Energieeinkauf möchten wir Orientierung schaffen. Wir zeigen typische Fallstricke auf, die im Alltag oft übersehen werden, und geben Impulse, wie Unternehmen mehr Sicherheit, Flexibilität und wirtschaftlichen Nutzen gewinnen.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 5

Mythos 5: Ausschreibungsprozesse

In vielen Unternehmen beobachten wir, dass der Fokus stark auf der Einhaltung interner oder gesetzlicher Vorgaben liegt, oft zu Lasten einer pragmatischen Energiebeschaffung. Compliance und Standardisierung sind wichtig, dürfen aber nicht dazu führen, dass Chancen am Markt ungenutzt bleiben oder erhebliche Zusatzkosten entstehen.

Ein typisches Szenario: Angebote aus Ausschreibungen erfüllen zwar formal alle Anforderungen, überschreiten jedoch die intern festgelegten Budgets. Anstatt flexibel zu reagieren und marktgerechte Lösungen zu prüfen, wird der formale Prozess konsequent eingehalten. Die Konsequenz sind häufig hohe Aufschläge der Lieferanten für Bindefristen oder sogar der Gang in die Ersatz- oder Grundversorgung, zu Preisen, die erheblich über den regulären Marktkonditionen liegen können.

Das Ergebnis: erhebliche Mehrkosten und eine deutliche Belastung für die Betroffenen, obwohl eine pragmatische Anpassung der Beschaffungsstrategie deutlich wirtschaftlicher gewesen wäre. Dieses Spannungsfeld zwischen formaler Regelkonformität und wirtschaftlicher Vernunft verdeutlicht, wie wichtig es ist, Beschaffungsprozesse nicht nur rechtlich sicher, sondern auch marktorientiert zu gestalten.

Das zeigt: Prozesse dürfen nicht zum Selbstzweck werden. Sie sollen helfen, Versorgungssicherheit und faire Preise zu gewährleisten – nicht das Gegenteil.

Was ist zu tun, unsere Empfehlung:

Prüfen Sie kritisch, ob bestehende Ausschreibungs- und Entscheidungsprozesse wirklich im Sinne Ihres Unternehmens funktionieren. Wenn Regeln den Handlungsspielraum zu stark einschränken, suchen Sie nach Möglichkeiten zur Anpassung. Nutzen Sie externe Unterstützung, wenn interne Ressourcen fehlen, oft bringt ein neutraler Blick von außen genau die Impulse, die für eine flexiblere und wirtschaftlichere Lösung notwendig sind.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 6

Mythos 6: Energielieferant

Langfristige und vertrauensvolle Beziehungen zu Lieferanten sind zweifellos wertvoll. Doch im Energiemarkt gilt: Wunderpreise gibt es nicht. Frei verhandelbar mit Energielieferanten ist nur der Energiepreis, alle anderen Preiskomponenten sind das Ergebnis staatlicher Regulierung und für alle Lieferanten gleich. Der größte Kostenblock eines Energielieferanten ist der Großhandelspreis. Er schwankt täglich und ist für alle Marktteilnehmer sichtbar. Die Lieferantenmarge bei verhandelten Verträgen ist in der Regel sehr gering, oft nur wenige Prozent. Wie also sollte ein Versorger dauerhaft Konditionen anbieten können, die deutlich unter dem Markt liegen?

Häufig entsteht der Eindruck eines exklusiven Angebots, obwohl es sich lediglich um eine Anpassung an aktuelle Marktentwicklungen handelt. Oder der Lieferant spekuliert darauf, dass die Preise bald fallen, ein Risiko, das letztlich Sie als Kunde tragen. In der Vergangenheit scheiterten einige Lieferanten mit dieser Strategie und mussten Insolvenz anmelden. Zudem werden oft wichtige Vertragsdetails wie Laufzeiten, Flexibilität oder Zusatzklauseln übersehen, die erhebliche Auswirkungen haben können.

Unser Tipp:

Vertrauen Sie Ihrem Lieferanten, aber verlassen Sie sich nicht blind auf vermeintliche Sonderkonditionen. Prüfen Sie regelmäßig den Markt und stellen Sie sicher, dass Sie Angebote fair und transparent vergleichen. Wenn Ihr aktueller Vertrag Sie in Ihrer langfristigen Strategie einschränkt, scheuen Sie sich nicht vor einem Wechsel. Nur so stellen Sie sicher, dass Sie nicht den Preis für Loyalität zahlen, sondern tatsächlich die besten Konditionen nutzen.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 7

Mythos 7: Abwarten

Dieser Gedanke klingt verlockend, ist aber gefährlich. Wer auf sinkende Preise spekuliert, begibt sich in eine riskante Wette und riskiert am Ende deutlich höhere Kosten. Niemand hat die berüchtigte Glaskugel, um die Energiemärkte zuverlässig vorherzusagen. Politische Entscheidungen, geopolitische Spannungen oder unerwartete Wetterereignisse können die Preise jederzeit nach oben treiben.

In der Vergangenheit haben Unternehmen, die zu lange abgewartet haben, teure Erfahrungen gemacht. Statt Wettbewerbsvorteile zu sichern, verloren sie Marktpositionen oder mussten kurzfristig Strom und Gas zu Höchstpreisen einkaufen. Das Ergebnis: erhebliche Mehrkosten und im schlimmsten Fall sogar Liquiditätsprobleme.

Unser Tipp:

Setzen Sie nicht auf Bauchgefühl oder Hoffnung, sondern auf klare Leitplanken. Definieren Sie im Rahmen Ihrer Beschaffungsstrategie Risikogrenzen, die zu Ihrem Unternehmen passen. So vermeiden Sie Spekulation, bleiben handlungsfähig und können rechtzeitig reagieren, bevor steigende Preise zur Belastung werden.

Mythen im Energieeinkauf - Mythos 8

Mythos 8: Energieverträge

Auch im Jahr 2025 hören wir dieses Argument häufig. Auf den ersten Blick wirkt es nachvollziehbar: Warum heute Entscheidungen für 2027 treffen, wenn die Zukunft so unsicher erscheint? Doch genau darin liegt das Risiko. Wer keine vorausschauende Beschaffungsstrategie verfolgt, läuft Gefahr, Chancen zu verpassen und später mit deutlich höheren Kosten konfrontiert zu sein.

Ein Blick auf den Preisverlauf 2025 macht deutlich, wie entscheidend der richtige Zeitpunkt sein kann: Im Februar lagen die Terminmarktpreise für Strom auf einem hohen Niveau, bevor sie im Frühjahr deutlich nachgaben und damit günstige Beschaffungsmöglichkeiten eröffneten. Im Juni kam es zwischenzeitlich zu einem Preishoch, seitdem ist jedoch ein schwacher Abwärtstrend zu beobachten. Unternehmen, die rechtzeitig in der Phase nach dem Januar-Hoch Teile ihres Bedarfs abgesichert haben, profitierten von günstigeren Konditionen. Wer hingegen abwartete und erst während der Hochpreisphase im Sommer aktiv wurde, musste teurer einkaufen, ein klarer Wettbewerbsnachteil.

Die Lehre daraus: Auch wenn langfristige Verträge zunächst wie zusätzlicher Aufwand erscheinen, schaffen sie Planungssicherheit und Stabilität in einem volatilen Umfeld. Wer dagegen ohne Strategie agiert, setzt sein Unternehmen dem Risiko starker Preissprünge aus und zahlt am Ende deutlich mehr.

Unser Tipp:

Betrachten Sie Energielieferverträge nicht als starres Ziel, sondern als Instrument zur aktiven Steuerung Ihrer Kosten. Sie geben Ihnen die Möglichkeit, frühzeitig Einfluss auf Ihre Finanzplanung zu nehmen und Risiken zu begrenzen. Wichtig ist nicht, auf einen bestimmten Vertrags­typ festgelegt zu sein, sondern flexibel zu bleiben und regelmäßig zu prüfen, welche Optionen zu Ihrer Situation passen.

Wenn Sie nicht über die Kapazitäten verfügen, den Markt laufend zu beobachten und rechtzeitig auf Chancen zu reagieren, kann externe Unterstützung sinnvoll sein. Die Kosten dafür sind im Vergleich zu den möglichen Einsparungen durch bessere Beschaffungszeitpunkte meist gering.

Fazit Mythen Energieeinkauf

Die vier Mythen in diesem Beitrag machen deutlich, dass erfolgreiche Energiebeschaffung weit mehr ist als das Befolgen interner Abläufe oder das Vertrauen auf Gewohnheiten. Wer seine Entscheidungen auf feste Abläufe, Bauchgefühle oder vermeintliche Sicherheiten stützt, läuft Gefahr, Chancen zu verpassen und die eigenen Kosten unnötig zu belasten.

Mit einer klaren Analyse, einem offenen Blick auf den Markt und einer flexiblen Strategie lassen sich Risiken reduzieren und Handlungsspielräume deutlich vergrößern. Unternehmen, die ihre Beschaffungsprozesse überdenken und bewusster steuern, verschaffen sich einen echten Vorteil in einem Umfeld, das zunehmend dynamisch und anspruchsvoll ist.

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